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Kindeswohlgefährdung

Der Begriff „Kindeswohl“ ist keinem Rechtsbereich fest zu geordnet, spielt aber eine bedeutende Rolle im Familien-, Adoptions- und Jugendhilferecht sowie beim Recht von Scheidungsfolgen.

Nach welchen Kriterien wird eine Kindeswohlgefährdung beurteilt?

Um eine Kindeswohlgefährdung zu verhindern, betrachten die Behörden das Wohl des Kindes unter bestimmten Gesichtspunkten. Dabei wird darauf geachtet, wie das Kind und die Eltern im Falle einer Trennung oder Scheidung damit umgehen und welche Haltung sie gegenüber dem veränderten Beziehungsverhältnis einnehmen: beispielsweise ob das Kind eine innere Bindung zu den Eltern hat, ob der Kindeswille geachtet wird, ob das Kind eine kontinuierliche und stabile Erziehung erfährt und ob eine positive Beziehung zu beiden Elternteilen besteht. Die Beurteilung des Kindeswohls erfolgt im Sinne der Förderung und des Schutzes des Kindes. Dementsprechend müssen die Rechte des Kindes auf die Achtung seiner Menschenwürde, auf dessen Leben und körperliche Unversehrtheit sowie auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit gewahrt werden.

Wann ist das Kindeswohl gefährdet?

Juristische Sicht:

Dem Wohl eines Kindes ist es nicht zuträglich, wenn Eltern ihre elterliche Sorge missbrauchen oder unverschuldet als Eltern versagen, sie ihre Kinder vernachlässigen oder sich Dritte missbräuchlich gegenüber dem Kind verhalten. Näher definiert wird die Gefährdung des Kindeswohls durch §1666 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Demnach liegt eine Kindeswohlgefährdung vor, wenn das körperliche, geistige und seelische Wohl sowie das Vermögen des Kindes gefährdet ist. Tritt eine der beschriebenen Gefährdungsarten ein, kann der Staat in das Erziehungsrecht der Eltern eingreifen. Dem geht jedoch stets eine individuelle Prüfung durch das Jugendamt voraus.

Grundsätzlich unterscheidet man bei der Art der Gefährdung zwischen elterlichem Handeln und elterlichem Unterlassen. Unter Handeln versteht man zum Beispiel Gewaltanwendung, während Unterlassen die Vernachlässigung des Kindes meint. Das Vermögen des Kindes ist gefährdet, wenn der Unterhaltspflichtige den Kinderunterhalt nicht oder nicht ausreichend bezahlt.

Sozialwissenschaftliche Sicht:

Neben der juristischen gibt es auch eine sozialwissenschaftliche Beurteilung hinsichtlich der Kindeswohlgefährdung. Dabei folgt die Sozialwissenschaft den Kriterien der sogenannten „Trias“ bestehend aus Vernachlässigung, Misshandlung und sexuellem Missbrauch. Vernachlässigung kann in körperlicher, emotionaler und erzieherischer Weise auftreten. Generell aber ist von Vernachlässigung auszugehen, wenn es zur wiederholten Unterlassung der Fürsorgepflicht kommt, wodurch sich physische oder psychische Beeinträchtigungen am Kind ergeben können.

Bei Misshandlung wird nach sozialwissenschaftlichen Kriterien zwischen physischer und psychischer Misshandlung unterschieden. Um physische Misshandlung handelt es sich, wenn das Kind körperlicher Gewalt oder körperlichen Zwängen ausgesetzt ist, die es in seiner physischen und psychischen Entwicklung beeinträchtigen. Psychische Misshandlung findet statt, wenn Eltern dem Kind das Gefühl vermitteln, es nicht zu lieben und wertzuschätzen oder ihm fehlerhaftes Verhalten zu unterstellen. Unter sexuellem Missbrauch versteht die Sozialwissenschaft jegliche Form der Konfrontation von Kindern mit Handlungen, die in sexuellem Bezug stehen.

Wie kann der Staat eingreifen?

Der Staat hat gegenüber Kindern einen Schutzauftrag und durch §1666 Absatz 3 BGB bei einer begründeten Kindeswohlgefährdung mehrere Handlungsoptionen. Demnach kann er neben der Inanspruchnahme öffentlicher Hilfe durch die Kinderhilfe oder Jugendhilfe, die Einhaltung der Schulpflicht gerichtlich anordnen. Zudem kann das Gericht den Eltern für bestimmte und unbestimmte Zeit den Kontakt zu ihren Kindern verbieten und gegebenenfalls das Sorgerecht entziehen. Für welche dieser Optionen sich von gerichtlicher Seite entschieden wird, hängt von der Schwere der Gefährdung ab. Hierbei wird berücksichtigt, welche Nachteile durch das Handeln der Eltern für das Kind entstehen. Meistens ist das Jugendamt in den Entscheidungsprozess involviert, indem es die Gefährdung durch die Erziehungsberechtigten einschätzt. Oberste Priorität bei der Beurteilung der Erziehungsfähigkeit hat stets der Schutz des Kindes.

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