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Inkassobüro

Ein Inkassobüro ist ein Unternehmen, das offene Forderungen von einem Schuldner für einen Gläubiger eintreibt. Es arbeitet dabei häufig mit Anwaltskanzleien zusammen.

Was ist ein Inkassobüro?

Ein Inkassobüro ist ein Unternehmen, das Gläubiger dabei unterstützt, ihr geschuldetes Geld von den Schuldnern wiederzubekommen. Juristisch wird diese Tätigkeit als „gewerbsmäßige Einziehung von Forderungen“ bezeichnet.

Wie arbeiten Inkassobüros?

Die Dienstleistung des Inkassobüros unterliegt in Deutschland einem Erlaubniszwang. Das bedeutet, dass jemand, der keine behördliche Erlaubnis gemäß dem Rechtsberatungsgesetz (RBerG) hat, nicht als Inkassounternehmer tätig sein darf. Die jeweilige Inkassoerlaubnis wird durch den Präsidenten des Land- oder des Amtsgerichts, in dessen Bezirk das Inkassounternehmen sitzt, erteilt.

Inkassobüros arbeiten häufig mit Privatdetektiven und Anwaltskanzleien zusammen. Die Zusammenarbeit mit Anwaltskanzleien ist üblich, da Inkassounternehmen lediglich außergerichtlich arbeiten dürfen. Damit offene Forderungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen mittels des Gerichtsvollziehers gegenüber dem Schuldner wirksam gemacht werden können, braucht das Inkassounternehmen einen Schuld- oder Vollstreckungstitel (ausgestellte Urkunde zur Bescheinigung). Dieser kann durch eine Klage vor Gericht oder über ein gerichtliches Mahnverfahren erhalten werden.

Es bestehen folgende zwei Arten von Inkassogeschäften:

  1. Ein Gläubiger beauftragt ein Inkassobüro, sein geschuldetes Geld beim Schuldner einzufordern. Das Inkassobüro wird demzufolge wegen einer Vollmacht des Gläubigers tätig. Das Risiko, dass die Forderung nicht beglichen wird, trägt der Gläubiger.
     
  2. Ein Gläubiger verkauft seine Forderung, meis mit einem hohen Abschlag, an ein Inkassobüro. Das Inkassobüro wird hier wegen einer Abtretungserklärung des Gläubigers tätig. Das Risiko, dass der Forderung nicht nachgegangen wird, liegt hier beim Inkassobüro.

Typische Arbeitsmethoden von Inkassobüros sind:

  • Die Zahlung eines Schuldners mittels wiederholter brieflicher, telefonischer oder persönlicher Mahnungen bewirken
  • Eine Pfändung durch eine Zwangsvollstreckung mittels des Gerichtsvollziehers durchsetzen
  • Die Information eines Schuldners, über denkbare juristische Folgen seiner Unzuverlässigkeit (Säumnis), durch eine Klage, Pfändung oder ähnliches erlangen
  • Werte, die sich im Eigentum eines Schuldners befinden und dem Gerichtsvollzieher für eine Pfändung vorgeschlagen werden, wie beispielsweise Schmuck oder Bankkonten, auffinden
  • sich Kreditsicherheiten eines Schuldners zunutze machen
  • Ratenzahlungen, Stundungs- und Vergleichsvereinbarungen (Fälligkeit der Zahlungen wird hinausgezögert oder neu beschlossen) aushandeln und abwickeln

Wie viele zugelassene Inkassobüros gibt es in Deutschland?

Aktuell gibt es in Deutschland rund 750 zugelassene Inkassobüros. Knapp zwei Drittel von ihnen sind im Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU) aufgeführt. Dem Verband zufolge handelt es sich dabei um eine Forderungshöhe von über 22 Millionen Euro. Mehr als die Hälfte aller neuen Forderungen wird realisiert.   

Wenige Inkassobüros sind Abteilungen von Rechtsanwaltskanzleien, die nur für die Eintreibung von Forderungen verantwortlich sind. Manche von ihnen arbeiten so schnell, effektiv und kostengünstig wie die großen Inkassounternehmen, haben dabei aber teils bessere Bewertungsquoten. Die Anwaltsbriefköpfe dürften hier eine Rolle spielen, da sie einschüchternder als die Ankündigung über eine Eintreibung vor Gericht selbst wirken. (Existenz-)Ängste und Unwissenheit von Schuldnern werden ausgenutzt.

Ein besonderes Inkasso ist das Insolvenzverwalter-Inkasso. Es hat das Ziel, die Betreibungsquote und damit auch die Chancen auf ein Überleben der insolventen Betriebe und die Erhaltung der Arbeitsplätze zu erhöhen.

Wie hoch sind Inkassokosten?

Wenn ein Schuldner bereits in Zahlungsverzug ist, muss er auch die jeweiligen Kosten für die Beauftragung eines Inkassobüros tragen. Die Höhe der Gebühren ist meist umstritten, folgende Aspekte werden hier diskutiert:

  • Oft bedarf es neben der Einschaltung des Inkassobüros zusätzlich die eines Anwalts. In den Fällen werden nur die Anwaltskosten berechnet. 
  • Anders als bei Rechtsanwälten gibt es bei Inkassobüros in Deutschland keine gesetzlich festgelegte Gebührenstruktur wie beispielsweise in Österreich.
  • Inkassobürogebühren gelten, ähnlich wie Rechtsanwaltskosten, allgemein als zulässig.
  • Wenn sie von Inkassobüros rechtswidrig für Schuldner berechnet werden, empfehlen Verbraucherschützer, erst einmal nur die Hauptforderung inklusive Zinsen und den unstrittigen Gebühren zu begleichen.
  • Bei Kleinbeträgen stehen die so berechneten Gebühren meist in einem erheblichen Missverhältnis zur Hauptforderung. Bei Beträgen unter 20 Euro kann es dazu führen, dass die Inkassokosten höher als die Hauptforderung ausfallen.
  • In einem gerichtlichen Mahnverfahren können die Kosten für die Dienstleistung eines Inkassobüros, ähnlich wie bei Mahngebühren, ganz oder teils einem Schuldner auferlegt werden. Denn ein Mahngericht prüft nur, ob die angesetzten Inkassogebühren angemessen sind, nicht aber, ob diese unerlaubt neben vorgerichtlichen Anwaltskosten wirksam gemacht werden können. Gegen unzulässige oder überhöhte Inkassogebühren in einem Mahnbescheid kann ein Schuldner mit einem Teilwiderspruch angehen.

Wie kritisch sind Inkassobüros zu betrachten?

Große Gläubiger, vorwiegend Banken, sind längst dazu übergegangen, das Inkasso an Inkassobüros abzugeben. Einer der Gründe für die Entscheidung war, dass die externen Kosten eines Inkassobüros an einen Schuldner abgetreten werden können, die Kosten bei einer internen Abwicklung der Forderungen hingegen nicht. Teils wurden Tochtergesellschaften gegründet, um das Inkasso durchzuführen.

Eine, wenn auch abnehmende, Anzahl von Amtsgerichten schätzt die Einschaltung von Inkassobüros aufgrund einer Kostenminimierung grundsätzlich als eine „Kostentreiberei“ ein. Schließlich könne die Verfolgung berechtigter Ansprüche auch mit Rechtsanwälten durchgesetzt werden.

Der Bundesgerichtshof lehnte am 20.10.2005 die Erstattungsfähigkeit von Inkassogebühren vor Gericht ab.

Wie ist gegen Inkassobüros vorzugehen?

Verbraucherschützer empfehlen wie folgt mit Inkassobüros umzugehen:

  • Eindeutige Forderungen direkt begleichen, um weitere Kosten zu umgehen.

Bestenfalls sollte mit dem Vermerk „Zur Verrechnung auf die Hauptforderung“ an den Ursprungsgläubiger gezahlt werden, damit die Zahlung nicht erst mit den Inkassokosten verrechnet wird.

  • Ein Inkassobüro ist verpflichtet, nachzuweisen, dass es wirklich im Auftrag des Gläubigers handelt. Hierzu sollte es eine Abtretungserklärung oder Inkassovollmacht vorlegen. Kopien dieser Dokumente gelten nicht.  
  • Ohne einen solchen Nachweis sollten Zahlungen weiter an den Gläubiger geleistet werden.
  • Bei Zahlungsproblemen und Fragen zur Berechtigung von Gebühren kann die Einschaltung einer Schuldnerberatung weiterhelfen.

Welchen Ruf haben Inkassobüros?

Die Inkassobranche hat in Deutschland teils einen schlechten Ruf. Er kommt daher, dass einige ihrer Vertreter mit moralisch fragwürdigen, wenn auch nicht illegalen, Methoden arbeitet. Diese sind beispielsweise:

  • Anprangern


Das private, und teils auch geschäftliche Umfeld, eines Schuldners wird absichtlich direkt oder indirekt über dessen Schulden in Kenntnis gesetzt.
Die entstehende Blamage und/oder Rufschädigung bedeutet im Geschäftsleben oft auch eine finanzielle Schädigung. Der Schuldner soll so freiwillig der Zahlung nachkommen.

  • Einschüchterung

    Dadurch, dass massive juristische Konsequenzen angetäuscht werden, wird ein Schuldner eingeschüchtert. Dazu zählt auch der Anschein falscher Tatsachen, was die Grenze zur Illegalität überschreitet.
  • Bedrohung mit dem wirtschaftlichen Bankrott

    Einem Schuldner wird angedroht, sein wirtschaftliches Aus nur durch eine sofortige Zahlung vermeiden zu können. Das kann durch die Geltendmachung von Inkasso-„Kosten“, die sich mit jedem Schreiben erhöhen, und oft deutlich höher als die zu Recht beanspruchte ursprüngliche Forderung sind, erfolgen.

Es gibt aber auch viele seriöse Inkassounternehmen, die vollkommen berechtige Ansprüche von Gläubigern verfolgen und damit einen wertvollen Beitrag zu einem funktionierenden Wirtschaftsleben leisten. Vor allem Branchen mit einem hohen Waren- oder Dienstleistungsumschlag, wie beispielsweise Versandhandel, Telekommunikation oder Banken, sind auf Inkassounternehmen angewiesen. Zu große Forderungsausfälle würden die Preisstabilität gefährden und letztlich von den zahlenden Kunden mitgetragen werden müssen.

Die Mitgliedschaft im Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) oder im Bundesverband Deutscher Rechtsbeistände kann unter anderem für die Seriosität eines Inkassounternehmens sprechen. Beide Verbände wachen über die ordnungsgemäße Ausübung der Tätigkeiten ihrer Mitglieder und sind, genauso wie die zuständigen Zulassungsbehörden, Ansprechpartner für mögliche Beschwerden.

Welche illegalen Methoden gibt es bei der Schuldeneintreibung?

Die Anwender von Methoden der Schuldeneintreibung zählen nicht zu dem Geschäftsbegriff „Inkassobüro“. Dies sind gewöhnlich Angehörige des kriminellen Milieus oder der organisierten Kriminalität, bei denen eine Schuldeneintreibung auf dem Gerichtsweg nicht möglich ist. Unter illegale Methoden fallen:

  • Selbstjustiz, wie zum Beispiel das „Rückholen“ der Schulden durch einen Diebstahl des Besitzes eines Schuldners
  • Gewaltanwendung durch Straftaten wie Sachbeschädigung bis hin zum Mord
  • Androhen von Gewaltanwendung gegen einen Schuldner oder diesem nahestehende Personen
  • Nötigung, also lediglich die „Drohung mit einem empfindlichen Übel“
    Eine strafbare Nötigung kann unter Umständen schon durch ein Anprangern vorliegen

Auch Inkassounternehmen, welche, von außen betrachtet, scheinbar legal arbeiten, unterliegen ebenfalls dem schlechten Ruf der Branche. Einem Schuldner wird dabei suggeriert, dass das jeweilige Inkassobüro oder der Gläubiger Verbindungen zum kriminellen Milieu, zum Beispiel osteuropäischen Mafiaorganisationen, hat. Dies kann in Form von gezielten Äußerungen, durch entsprechend gestaltete Internetauftritte (auch inklusive des Firmennamens) oder martialisches (Furcht einflößendes) Auftreten von Mitarbeitern passieren.

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