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Überstunden

Alle Arbeitszeit, die der Arbeitnehmer über die vereinbarte Regelarbeitszeit hinaus leistet, wird als Überstunde bezeichnet. Diese Mehrarbeitszeit ist gesetzlich geregelt, es ergeben sich auch Überstundenregelungen aus den individuellen Arbeitsverträgen, betrieblichen Vereinbarungen oder auch Tarifverträgen.

Von Überstunden spricht man, wenn die geleistete Arbeitszeit über die gesetzlich zulässige Normalarbeitszeit von in der Regel 40 Stunden in der Woche oder die normale tägliche Arbeitszeit von acht Stunden hinausgeht. Prinzipiell gibt es einen Unterschied zwischen Mehrarbeit und Überstunden, im Volksmund werden sie aber häufig synonym verwendet.

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Gesetzliche Regelung

Laut Gesetz existiert keine Pflicht zur Mehrarbeit, auch nicht im Arbeitsrecht. Geregelt werden Überstunden durch Arbeits- und Tarifverträge sowie Betriebsvereinbarungen.

Grundsätzlich sieht das Arbeitszeitgesetz eine Höchstarbeitszeit von acht Stunden am Tag von Montag bis Sonntag vor. Für eine Verlängerung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit um bis zu 2 Stunden sind gesonderte Regelungen im Tarif- oder Arbeitsvertrag notwendig. Diese sind nur anwendbar, wenn innerhalb von sechs Monaten/24 Wochen der Durchschnitt von acht Stunden täglicher Arbeitszeit nicht überschritten wird.

Der Mitarbeiter darf die Überstunden nicht selbst veranlassen. Allein der Vorgesetzte hat das Recht seinen Mitarbeitern Mehrarbeit aufzutragen oder aber die Veranlassung muss ihm zumindest anrechenbar sein. Beispielsweise, wenn der Chef dem Mitarbeiter eine Viertelstunde vor Feierabend noch eine größere Aufgabe übergibt, die der Mitarbeiter fertigstellen soll, bevor er noch Hause geht. Wenn dem Vorgesetzen dabei bewusst ist, dass die Aufgabe mindestens eine Stunde in Anspruch nehmen wird und der Mitarbeiter damit erst später nach Hause geht, kann ihm die Veranlassung angerechnet werden.

Bleibt der Mitarbeiter selbstständig und grundlos länger bei der Arbeit, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, diese Überstunden zu zahlen. Im Falle, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer so viel Arbeit zuweist, dass dies ohne Überstunden nicht zu schaffen ist, muss der Angestellte seinen Chef darüber informieren, dass in diesem Falle Überstunden nötig sind und anfallen werden.

Wenn der Arbeitgeber in Kenntnis der Überstunden ist und diese hinnimmt und nicht versucht, die Leistung von Überstunden zu unterbinden, so gelten die Überstunden als vom Vorgesetzten geduldet. Ein Grundsatzurteil wurde hier in 2013 getroffen.

Wie viele Überstunden  sind zulässig?

Liegt beim Arbeitgeber ein erhöhter Arbeitsbedarf vor, sind laut Arbeitszeitgesetz wöchentlich bis zu 20 Überstunden zulässig. Dabei darf eine tägliche Arbeitszeit von 10 Stunden oder eine wöchentliche Arbeitszeit von 60 Stunden nur unter bestimmen Voraussetzungen, wie im Zusammenhang mit der Arbeitsbereitschaft oder einer Genehmigung durch das Arbeitsinspektorat, überschritten werden. Wie viel man arbeiten muss ergibt sich aus dem eigenen Arbeitsvertrag, der Arbeitsvereinbarung oder auch aus dem Betriebsvertrag. Ruhepausen werden in dieser Stundenzahl übrigens nicht erfasst, bei einer einstündigen Mittagspause verbringt der Betriebsangehörige zwar zusätzliche Zeit im Betrieb, die Arbeitsstundenzahl bleibt hingegen gleich.

Bei Tarifverträgen

Bei Arbeitnehmern, die eine Rufbereitschaft haben, wie Feuerwehrleute oder Ärzte, kann die tägliche Arbeitszeit auch über zehn Stunden hinaus und um bis zu 25 Prozent der üblichen Wochenarbeitszeit verlängert werden, wenn ein Großteil der Arbeitszeit durch die Arbeitsbereitschaft erbracht wird.

Ein Beispiel: Ein Feuermann wartet darauf, dass er in den Dienst gerufen wird. Er ist nicht am Arbeitsplatz anwesend, muss aber jederzeit für seinen Arbeitgeber erreichbar und innerhalb kürzester Zeit einsatzbereit sein.

Ein Freizeitausgleich ist in diesem Falle nicht notwendig. Diese Regelung darf tatsächlich aber nur auf 60 Tage im Jahr beschränkt sein.

Überstunden an Wochenenden und Feiertagen

Beim Samstag handelt es sich um einen ganz normalen Werktag laut Arbeitszeitgesetz, der Sonntag hingegen ist ein Ruhetag und damit beschäftigungsfrei. Ausnahmen gelten, wenn die Arbeit nicht an einem Werktag vorgenommen kann. Dieses ist bei Rettungsdiensten und anderen Berufen, die an jedem Tag der Woche verfügbar sein müssen, der Fall. Ebenfalls von der Ausnahme betroffen sind außerdem unter anderem Bereiche der Presse, Gastronomie und Kinos. In diesen Bereichen gelten Regelungen zur Mehrarbeit auch an Wochenenden und Feiertagen.

Welche Gründe sind für Mehrarbeit zulässig?

Der Arbeitgeber darf Mehrarbeit anordnen, wenn es sich bei dem Grund für diese um nicht vorhersehbare Situation handelt, wie eine Krankheitswelle in der Belegschaft. Auch bei Situationen, in denen es um die Abwehr von Gefahren für den Betrieb gilt, wie bei Überschwemmungen nach einer Naturkatastrophe, können Überstunden angeordnet werden. Bei vorhersehbaren Situationen wie einem Personal-Engpass durch die Kündigung von Mitarbeitern darf der Vorgesetzte die Mehrarbeit hingegen nicht anordnen, es sei denn im jeweiligen Tarif- oder Arbeitsvertrag oder in der Betriebsvereinbarung wurden andere Regelungen zur Möglichkeit der Anordnung von Überstunden niedergeschrieben.

Kann man „Nein“ zu Überstunden sagen?

Wenn es keine Vereinbarung zum Thema Überstunden im Arbeitsvertrag gibt, ist niemand dazu verpflichtet, Überstunden zu leistenDem Arbeiter ist es erlaubt, Überstunden abzulehnen, wenn sie an einem Tag mehr als zehn Stunden arbeiten sollen und es ihnen nicht möglich ist, innerhalb der nächsten sechs Monate einen Freizeitausgleich zu erhalten. Ein Freizeitausgleich liegt vor, wenn der Mitarbeiter zukünftig etwa am Freitag ein paar Stunden früher gehen kann oder einen zusätzlichen freien Tag erhält.

Ausnahmen gelten, wenn die Treuepflicht bei Notfallarbeiten greift. Wenn das Personal es in begründeten Ausnahmefällen verweigert, Überstunden zu leisten, ist eine Kündigung wegen Arbeitsverweigerung möglich. Die Gründe, warum die Überstunden verweigert werden, müssen schwerer wiegen als die Interessen der Firma an der Mehrarbeit.

Achtung: Wird im Arbeitsvertrag vereinbart, dass Überstunden pauschal mit dem Festgehalt abgegolten werden, kann der Arbeitnehmer die Überstunden nicht verweigern. Der Arbeitgeber wird in diesem Fall von seinem Direktionsrecht gedeckt, wenn er Überstunden anordnet. Dieses Recht kann sich der Arbeitgeber in Form einer Klausel im Arbeitsvertrag sichern, der Arbeiter bekommt in diesem Fall für die Mehrarbeitszeit ebenfalls keine extra Vergütung.

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Vergütung von Überstunden

Das Arbeitszeitgesetz regelt nicht, wie und in welchem Umfang Überstunden vergütet werden und ob ein Zuschlag für Überstunden gezahlt werden muss. Grundsätzlich wird aber davon ausgegangen, dass Überstunden vergütet werden müssen, wie es bereits das Bundesarbeitsgericht klar auslegte. Vorgezogen wird meistens allerdings die Abgeltung der Überstunden durch Freizeitausgleich.

Bei einem Stundenlohn ist der jeweilige Grundlohn als Basis für die Vergütung der Arbeitszeit anzusetzen. Nur teilweise wird hier ein Überstundenzuschlag gezahlt, der vertraglich festgelegt werden muss. Dieser stellt eine Erhöhung des Stundenlohns für Überstunden dar. Ebenfalls ist im Arbeitszeitgesetz kein Anspruch auf einen Überstundenzuschlag zu finden, oftmals liegen die Zuschläge für Überstunden jedoch bei Tarifverträgen zwischen 15 und 40 Prozent, dieses gilt auch für Teilzeitarbeitende. Die Ansprüche auf die Ausbezahlung der Überstunden verjähren nach drei Jahren. Oftmals wird die Zeit für diese seitens der Arbeitgeber auch durch Ausschlussklauseln im Arbeitsvertrag auf drei Monate verkürzt.

Wenn bei einem monatlichen Festgehalt eine bestimmte Zahl an Arbeitsstunden festgelegt ist, wird daraus der Stundenlohn des Mitarbeiters errechnet. Für die Überstunden wird dann der errechnete Stundenlohn mit der Anzahl der Überstunden multipliziert und der Betrag zusätzlich zum Festgehalt ausgezahlt. soweit Mehrarbeit nicht als Teil des Festgehaltes im Arbeitsvertrag vereinbart ist.

In manchen Arbeitsverträgen werden Überstunden pauschal abgegolten, die Regelungen im Arbeitsvertrag müssen sich dabei an das gesetzlich Zulässige halten. Es muss für den Angestellten immer ersichtlich sein, in welchem Umfang die unbezahlten Überstunden abgegolten werden, sonst sind die Klauseln nicht wirksam. Das Maß an vertraglich abgegoltenen Überstunden muss ebenfalls dem üblichen Maß entsprechen, normalerweise sind das zwischen 10 und 15 Stunden im Monat. Eine Abgeltung von exemplarisch 40 Überstunden im Monat wäre also nicht zulässig.

Die Grenzen für die Zulässigkeit solcher Klauseln liegen auch in der Höhe des Gehaltes. So wurde eine dementsprechende Überstundenklausel bei einem Gehalt von 1800€ pro Monat beispielsweise durch das Bundesarbeitsgericht für unzulässig erklärt.

Bei leitenden Angestellten gelten ebenfalls Ausnahmen. Sie sind aufgrund ihres ohnehin schon hohem Gehalt dazu verpflichtet, Mehrarbeit auch ohne zusätzliche Vergütung zu leisten.

Überstunden bei Teilzeitbeschäftigten

Auch Teilzeitbeschäftigte können Überstunden ableisten, je nachdem, wie viele Wochenstunden vertraglich vereinbart wurden. Alle Arbeitszeit darüber hinaus gilt dann als Überstunde, so lange sie vom Arbeitgeber angeordnet wurde.

Teilzeitbeschäftigte dürfen hinsichtlich der Überstundenzuschläge gegenüber Vollzeitkräften nicht benachteiligt werden. Es ist nicht zulässig, dass Teilzeitbeschäftigte erst, wenn sie die für eine Vollzeittätigkeit maßgeblicher Stundenzahl überschritten haben, für die Überstunden Mehrarbeitszuschläge erhalten. Dieses verstößt gegen das Diskriminierungsverbot im Teilzeitbefristungsgesetz, ist aber häufig in Tarifverträgen zu finden.

Ausnahmen der Überstundenregelung für bestimmte Gruppen

Ausnahmen von den gesetzlichen Regelung zu Überstunden liegen bei schwerbehinderten Arbeitnehmern, Beamten, Jugendlichen und werdenden Müttern vor.

Schwerbehinderte Arbeitnehmer: Sie können verlangen, von der Mehrarbeit freigestellt zu werden.

Beamte: Bei Beamten gilt das Prinzip, dass für eine bestimmte Menge Arbeit ein bestimmter Lohn gezahlt wird; der Beschäftigte hat unabhängig vom Umfang seiner Arbeitsleistung einen Anspruch auf die staatliche Vergütung. Unter diese Kategorie fallen unter anderem auch Polizeibeamte. Momentan wird noch über die Bezahlung von Mehrleistungen in Beamtenverhältnissen diskutiert. Eine Entscheidung zu diesem Thema steht noch aus.

Auszubildende: Ist der Auszubildende unter 18 Jahre alt und damit jugendlich, unterliegt er dem Jugendarbeitsschutzgesetz und nicht dem Arbeitszeitgesetz. Daher muss er grundsätzlich keine Mehrarbeit leisten. Gerade hier gelten dennoch Ausnahmen.

Ein Azubi darf nur Überstunden leisten, wenn es sich bei den Arbeiten um vorübergehende und unaufschiebbaren Arbeiten in Notfällen, soweit erwachsene Beschäftigte nicht zur Verfügung stehen, handelt. Die Überstunden müssen innerhalb von drei Wochen mit Freizeitausgleich abgegolten werden. Ebenfalls müssen die Überstunden den Ausbildungsinhalten entsprechen und die Arbeitszeit vom betrieblichen Ausbilder überwacht werden. Für volljährige Auszubildende gelten ebenfalls Grenzen für die Mehrarbeit, jedoch kann die Arbeitszeit hier auf maximal 48 Wochenstunden heraufgesetzt werden.

Werdende und stillende Mütter: Sowohl werdende als auch stillende Mütter dürfen nicht zu Überstunden verpflichtet werden, da sie einem besonderen Schutz unterliegen, der im Mutterschutzgesetz geregelt ist.[6]

Welche Rolle spielt der Betriebsrat?

Bei Betrieben, in denen es einen Betriebsrat gibt, können Überstunden nur angerechnet werden, wenn der Arbeitgeber sie anordnet und der Betriebsrat diesem zustimmt, da es sich bei Überstunden um eine Verlängerung der üblichen Arbeitszeit handelt. So kann der Chef die Überstunden nicht alleine anordnen, unerheblich, ob nur einige oder eine Mehrzahl von Mitarbeitern davon betroffen ist.

Was tun, wenn Überstunden nicht tragbar sind oder nicht entlohnt werden?

Wenn die freiwilligen oder angeordneten Überstunden nicht mehr tragbar sind oder man für seine geleisteten Überstunden nicht entlohnt wird, sollte man zuerst mit der Dokumentation der tatsächlichen Arbeitszeit beginnen. Gleichzeitig sollten Regelungen zu Freizeitabgleich oder Ausbezahlung der Überstunden mit dem Arbeitgeber abgeklärt werden. Im Gespräch mit Vorgesetzten kann versucht werden, eine langfristige Lösung zu suchen, wie die Einstellung von zusätzlichem Personal. Auch eine alternative Arbeitsaufteilung oder Veränderung der Aufgaben, um den Arbeitsvolumen gerecht zu werden, ist anzudenken.

Sofern die Überstunden nachgewiesen werden können, kann auch gerichtlich Bezahlung für diese verlangt werden. 

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