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Fachanwalt

Ein Fachanwalt ist ein Rechtsanwalt, der sich durch eine Fachanwaltsausbildung auf spezielle Fachanwaltschaften fokussiert hat.

Als Fachanwalt kann sich ein Rechtsanwalt bezeichnen, wenn er durch eine Fachanwaltsausbildung Nachweise zu speziellen theoretischen Kenntnissen und Erfahrungen in einem Rechtsgebiet erfolgreich erbracht hat.

Als Maßstab für den Anspruch auf die Bezeichnung dienen Kenntnisse und Fähigkeiten, die über die reguläre Wissens- und Praxisvermittlung in dem entsprechenden Fachgebiet durch Ausbildung und berufliche Erfahrungen deutlich hinausgehen. Die Fachanwaltsausbildung teilt sich in die drei Bereiche auf: Fachanwaltslehrgang, Fallliste und Fachgespräch.

Die drei Verfahren der Fachanwaltsausbildung

Der Fachanwaltslehrgang weist die theoretischen Kenntnisse des Rechtsanwalts nach, dessen Teilnahme am umfassenden Fachkurs sowie drei bestandenen Leistungskontrollen (meist fünfstündige Klausuren) mindestens 120 Stunden ausmacht.

Die Fallliste mit einer gewissen Anzahl an bearbeiteten Fällen aus dem entsprechenden Fachgebiet belegt die praktischen Erfahrungen. Im Vergaberecht sind es 40 Fälle, im Versicherungs- und Verwaltungsrecht 80 und im Verkehrsrecht 160. Ein bestimmter Anteil der Fälle muss es ins gerichtliche Verfahren geschafft haben: Im Versicherungsrecht sind es beispielsweise 10 und im Familien- und Verkehrsrecht 60.

Das Fachgespräch ist eine mündliche Prüfung, die sich sowohl auf die Theorie als auch auf die Praxis bezieht. Auf sie kann auch verzichtet werden, wenn das der Gesamteindruck des Fachanwaltausschusses hergibt. Der Nachweis hat daher, auch im Angesicht der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), kaum noch eine Bedeutung in der Praxis.

Antragstellung auf die Führung einer Fachanwaltsbezeichnung

Zusammen mit den Nachweisen muss der Rechtsanwalt einen Antrag auf die Führung einer Fachanwaltsbezeichnung bei der jeweiligen Rechtsanwaltskammer vorlegen. Vor Antragstellung muss dieser innerhalb der vergangenen sechs Jahre mindestens drei davon als Rechtsanwalt zugelassen gewesen sein.

Die mit Rechtsanwälten besetzten Fachausschüsse prüfen den eingereichten Antrag und tragen mit ihrer Stimme gegenüber dem Vorstand der entsprechenden Rechtsanwaltskammer zur Entscheidung über das Anliegen bei.
Alle Bedingungen und Verfahren für die folgenden möglichen 24 erlaubnispflichtigen Fachanwaltschaften, Stand März 2020, sind in der Fachanwaltsordnung festgelegt:

  • Agrarrecht, § 14m FAO
  • Arbeitsrecht, § 10 FAO
  • Bank- und Kapitalmarktrecht, § 14l FAO
  • Bau- und Architektenrecht, § 14e FAO
  • Erbrecht, § 14f FAO
  • Familienrecht, § 12 FAO
  • Gewerblicher Rechtsschutz, § 14h FAO
  • Handels- und Gesellschaftsrecht, § 14i FAO
  • Informationstechnologierecht, § 14k FAO
  • Insolvenzrecht, § 14 FAO
  • internationales Wirtschaftsrecht, § 14n FAO
  • Medizinrecht, § 14b FAO
  • Miet- und Wohnungseigentumsrecht, § 14c FAO
  • Migrationsrecht, § 14p FAO
  • Sozialrecht, § 11 FAO
  • Sportrecht, § 14q FAO
  • Steuerrecht, § 9 FAO
  • Strafrecht, § 13 FAO
  • Transport- und Speditionsrecht, § 14g FAO
  • Urheber- und Medienrecht, § 14j FAO
  • Vergaberecht, § 14o FAO
  • Verkehrsrecht, § 14d FAO
  • Versicherungsrecht, § 14a FAO
  • Verwaltungsrecht, § 8 FAO

Fortbildungspflicht für Rechtsanwälte und Fachanwälte

Rechtsanwälte und Fachanwälte haben grundsätzlich immer eine andauernde Fortbildungspflicht. Fachanwälten unterliegen dieser schon ab dem Jahr des Fachanwaltskursbeginnes, also noch vor dem Erwerb des eigentlichen Titels.
Die Fortbildung beinhaltet mindestens 15 Seminarstunden, ob hörend oder dozierend. Es besteht die Option, 5 oder 15 Seminarstunden per Selbststudium abzuhalten, wenn sich ihnen eine Lernerfolgskontrolle anschließt. Die Stunden, die dem Besuch des Fachanwaltskurses dienen, werden der Fortbildung im jeweiligen Jahr angerechnet. Als Fortbildungspflicht fungiert auch alternativ der Nachweis von Veröffentlichungen in entsprechenden Fachzeitschriften.

Statistiken zur Anzahl der zugelassenen Rechts- und Fachanwälte

Es liegen Statistiken über die Anzahl der zugelassenen Rechts- und Fachanwälte in der Bundesrepublik Deutschland vor, die von der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) geführt werden. Einer Statistik vom 1.1.2019 zufolge wurden 56.305 Fachanwaltsbezeichnungen in Deutschland verliehen. Ein Rechtsanwalt kann allerdings auch alleine bis zu drei Fachanwaltsbezeichnungen annehmen. So ist die tatsächliche Zahl der Fachanwälte eine kleinere: 44.843. Daraus resultierend besitzen circa 27,16% der Rechtsanwälte in Deutschland mindestens eine entsprechende Bezeichnung.

Ansprechpartner für Mandanten in juristischen Angelegenheiten

Jeder zugelassene Rechtsanwalt in Deutschland kann seinen Mandanten in allen rechtlichen Fragen und Anliegen außergerichtlich und auch vor Gericht zur Seite stehen und sie vertreten. Zudem existieren keine gesetzlichen Regelungen, die einen Fachanwalt für gewisse Rechtsangelegenheiten bestimmen. Denn sie sehen es auch nicht vor, dass sich Rechtsanwälte auf gewisse Rechtsgebiete beschränken müssen.
So ist die Wahl speziell eines Fachanwalts aus Mandantensicht auch nicht unabdingbar. Es besteht unter gewissen Bedingungen lediglich eine allgemeine Anwaltspflicht vor Gericht.

Unterschied zwischen Spezialisierungen und Fachanwaltschaften

Manche Rechtsanwälte möchten aber auch besondere Spezialisierungen in gewissen Rechtsgebieten aufweisen können. Diese sind mit den Fachanwaltschaften nicht gleichzustellen, auch wenn es hierbei zu Überschneidungen kommen kann.
Interessierte können die Spezialisierungen ihres in Frage kommenden Rechtsanwaltes beziehungsweise ihrer gewünschten Kanzlei normalerweise auf den jeweiligen Websites einsehen. Die Wahl eines Fachanwalts kann sinnvoll sein, wenn das jeweilige Rechtsanliegen ein Gebiet betrifft, auf das sich vor allem auch über eine Fachanwaltsausbildung spezialisiert werden kann. Denn hier liegen von Seiten des Fachanwalts entsprechende Nachweise vor, von deren Besitz Rechtsanwälte mit Spezialisierungen nicht profitieren können.

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