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Garantenstellung

Eine Garantenstellung beziehungsweise Garantenpflicht regelt als zwingende Voraussetzung im Strafrecht die Genehmigung einer Straftat bei unechten Unterlassungsdelikten.

Die Garantenstellung wird auch „Garantenpflicht“ genannt und sorgt als terminus technicus im Strafrecht dafür, dass jemand Verantwortung übernimmt, wenn sich ein konkreter tatbestandlicher Erfolg nicht erfüllt. Sie ist eine zwingende Voraussetzung, wenn eine Straftat bei unechten Unterlassungsdelikten genehmigt werden soll.

Echte vs. unechte Unterlassungsdelikte

Es gilt zwischen echten und unechten Unterlassungsdelikten zu differenzieren.

Bei echten handelt es sich um Straftaten, die gegen eine Gebotsnorm verstoßen und eine vom Gesetz geforderte Tätigkeit gar unterlassen. Hierzu zählen vor allem die unterlassene Hilfeleistung nach § 323c StGB, das unerlaubte Entfernen vom Unfallort nach § 142 StGB, die Nichtanzeige einer Straftat nach § 138 StGB und der Hausfriedensbruch nach § 123 StGB.

Der objektive Tatbestand der Delikte tritt demnach schon bei der Nichtdurchführung der jeweiligen Handlung in Kraft, obwohl eindeutig eine Option zur Vornahme der objektiven vorliegenden Handlung vorlag und sie auch auf den Täter hätte übertragen werden können. Insofern ist eine Erfolgsabwendung des Täters nicht entscheidend. Der Erfolg ergibt sich vielmehr durch die Nichtdurchführung der vorliegenden Handlung.

Von unechten Unterlassungsdelikten im Sinne des § 13 StGB ist die Rede, wenn ein Täter dazu aufgefordert wird, einen konkreten Erfolg abzuwenden, weil er wegen seiner speziellen Garantenstellung in der Pflicht dazu steht. So kommt es auch bei unechten Unterlassungsdelikten auf die gleiche Weise wie bei echten zum Erfolg. Nur hier kommt noch die Garantenstellung, also die Rechtspflicht zum Handeln, hinzu.

Gründe für eine Garantenstellung

Der aktuellen Rechtsprechung zufolge kann sich die Garantenstellung aus vier verschiedenen Konstellationen ergeben:

  • Gesetz
  • Vertrag bzw. tatsächliche Gewährübernahme
  • vorangegangenes gefährdendes Tun (Ingerenz)
  • enge Lebensbeziehungen

Die aktuelle Lehre argumentiert eine Garantenstellung mit Obhutspflichten für die entsprechenden Beschützergaranten und Sicherungspflichten für die Überwachungsgaranten. Beide Auffassungen verfolgen dieselben Kriterien, weshalb die Meinungsverschiedenheiten nur akademisch sind, also eine Argumentation zur Bejahung oder Verneinung der Garantenpflicht lediglich mit den entsprechenden Kriterien zu klären ist.

Garantenstellung aus dem Gesetz

Eine Garantenstellung kann speziell aus der gesetzlichen Verpflichtung zur ehelichen Gemeinschaft nach § 1353 Absatz 1 Satz 2 BGB hervorgehen. Die Ehepartner sind demnach dazu verpflichtet, sich bei Lebensgefahr gegenseitig kräftemäßig zu schützen und zur Hilfe zu kommen. Dem Grundsatz nach betrifft gleiches auch die gesetzliche Verpflichtung der Eltern, Gefahren für das Leib, Leben oder die Freiheit von ihren Kindern abzuwenden (§ 1626 II BGB). Eine Zustimmung der Garantenstellung ist hier meist unproblematisch. Die Garantenstellung sollte trotzdem immer noch zusätzlich mit der Unterstützung von Beschützer- und Überwacherkriterien verteidigt werden.

Garantenstellung aus dem Vertrag

Einer Garantenstellung aus einem Vertrag ist lediglich bei der faktischen Übernahme einer Verpflichtung zuzustimmen, durch die ein spezielles Vertrauen erzeugt wird. Diese Grundlage muss darüber hinaus eine Schutzfunktion annehmen. Ein wirksamer Vertragsabschluss steht außer Debatte.

Garantenstellung aus der Ingerenz

Wer rechtswidrig für eine Gefahr verantwortlich ist, verpflichtet sich dadurch zu einer nachträglichen Gefahrabwendung – vorausgesetzt es liegt ein Gefahrzusammenhang zwischen der erzeugten Gefahr und dem gefährdeten Rechtsgut vor. Eine Garantenstellung kann aber auch vorliegen, wenn sich eine Gefahrenlage durch ein rechtmäßiges vorangegangenes Verhalten auftut. Dem muss allerdings eine Begründung vorausgehen.

Dem Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) zufolge gilt es eine Garantenstellung abzulehnen, wenn der „Täter“ durch eine Notwehr entschuldigt ist (BGHSt, 23, 327). So verhält es sich auch mit einem Autofahrer, der einen weiteren Verkehrsteilnehmer trotz fehlerfreier sorgfaltsgerechter Fahrweise Verletzungen zufügt (BGHSt 25, 218).

Garantenstellung aus engen Lebensbeziehungen

Eine Garantenstellung aus engen Lebensbeziehungen liegt vor, wenn ein enges Gemeinschaftsverhältnis existiert. Dieses kann gewiss auch die allerengsten Familienbeziehungen, wie zwischen Ehegatten, Eltern und Kindern, Geschwistern untereinander, anderen Verwandten oder besonders engen ehelosen Partnerschaften, angehen. Zu den engen Lebensbeziehungen zählen auch besonders kurzfristige Lebensgemeinschaften, die beispielhaft bei speziellen Expeditionen, Kletterpartien etc. zum Tragen kommen. Ausgeschlossen sind hingegen Zufallsgemeinschaften wie bei Rauschgiftkonsumenten beispielsweise.

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