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Berechnung der Abfindung im Arbeitsrecht: So funktioniert's!

| Arbeitsrecht

Eine Abfindung ist für viele Arbeitnehmer oft ein Trost beim Ausscheiden aus dem Betrieb. Doch in nicht wenigen Fällen ist die Abfindung viel zu gering angesetzt. Wie steht es um die Berechnung der Abfindung im Arbeitsrecht geschrieben? Alle Infos erfahren Sie hier.

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Weshalb gibt es immer wieder Kündigungen ohne Abfindungsanspruch?

In Fällen von Kündigungen oder eines Aufhebungsvertrages haben Arbeitnehmer in der Praxis häufig eine gute Chance, manchmal sogar einen echten Anspruch auf eine Abfindung, z.B. sofern dies in einem Sozialplan oder einem Tarifvertrag vorgesehen ist. Dagegen sieht eine außerordentliche Entlassung im Regelfall keine Abfindung vor.

Ohne den Kündigungsschutz würden dabei viele Arbeitgeber keine Abfindung zahlen. Mit dem Zahlen der Abfindung geht der Arbeitgeber so gesehen ein Tauschgeschäft mit dem Arbeitnehmer ein. Denn der Arbeitnehmer verkauft den rechtlichen Bestandsschutz gegen die Zahlung einer Abfindung. Daher wird in der Praxis nur bei wasserdichten, ordentlichen Kündigungen keine Abfindung gezahlt. Häufig stellt sich die Frage, wie die Berechnung der Abfindung gemäß Arbeitsrecht erfolgen sollte.

Wonach kann ich mich als Arbeitnehmer bei der Berechnung der Abfindung gemäß Arbeitsrecht orientieren?

Bei der Höhe der Abfindung wird meist die "Daumenregel" genutzt, dass ein halbes bis volles Bruttomonatsgehalt pro Jahr der Beschäftigung angemessen ist. Diese Berechnung ist dabei jedoch keineswegs immer sinnvoll, denn dabei sollten auch mögliche künftige Beschäftigungsjahre und bereits angestellte Beschäftigungsjahre in die Höhe der Abfindung mitberechnet werden. So sollte die Abfindung auch höher ausfallen, wenn der wahrscheinliche wirtschaftliche Schaden, der dem Arbeitnehmer bei einer unwirksamen Kündigung entstehen würde, um ein Vielfaches höher wäre als die Regelabfindung.

Arbeitnehmer sollten dabei auch stets darauf achten, eine unangemessen niedrige Abfindung nicht zu akzeptieren. Bestehen insgesamt gute Aussichten, dass der Arbeitnehmer die Kündigungsschutzklage gewinnt, so hat er gewichtige Argumente, eine zu gering kalkulierte Abfindung abzulehnen.

Für den Arbeitgeber kann eine verlorene Kündigungsschutzklage erhebliche Folgen haben: Denn unterliegt dieser vor Gericht, so muss er dem Arbeitnehmer nachträglich Lohn entrichten. Hat dieser in der Zeit nun Arbeitslosengeld bezogen, so kann dieses zwar vom zu entrichtenden Lohn abgezogen werden, das Arbeitslosengeld muss er der Agentur für Arbeit jedoch erstatten, sodass der wirtschaftliche Schaden enorm hoch wäre.

Wann ist bei  der üblichen Abfindungsformel eine Abfindung zu hoch?

Eine Abfindung ist dabei zu hoch angesetzt, wenn der wirtschaftliche Schaden für den Arbeitnehmer wesentlich geringer wäre, als dies bei der Regelabfindung der Fall wäre. Auch hier sind dabei wieder die Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage maßgeblich. Ist es sehr unsicher, dass der Kläger den Prozess gewinnt, so hat er keine vernünftigen Argumente für eine Abfindung nach der üblichen Berechnungsweise.

Insbesondere in Krankheitsfällen, in denen der Arbeitgeber überhaupt nicht einstandspflichtig ist, wird das Risiko für den Arbeitgeber minimiert. Das Verzugslohnrisiko steigt dabei mit einem längerem Kündigungsschutzverfahren. Denn je mehr Zeit seit dem Aussprechen der Kündigung vergeht,  umso mehr Lohnkosten entstehen dem Arbeitgeber dabei. Äußert also das jeweilige Gericht Zweifel an einer wirksamen Kündigung, ohne dabei ein direktes Urteil zu fällen, erhöht dies die Chancen auf eine hohe Abfindung.

Der Arbeitnehmer sollte daher seine fällig werdenden Lohnansprüche unbedingt einklagen, um dem Arbeitgeber deutlich zu machen, wie teuer eine erfolgreiche Klage für ihn wäre. Maßgeblich für die Höhe der Abfindung ist dabei zudem, ob der Arbeitnehmer während des Verfahrens eine neue Stelle gefunden hat bzw. wie wahrscheinlich es nach seiner jeweiligen Qualifikation und seines Alters ist, dass er eine solche findet.

 

Beeinflusst eine mögliche Rücknahme der Kündigung die Höhe der Abfindung?

In Fällen von Abfindungsverhandlungen ist meist die Selbstsicherheit mancher Arbeitnehmer ein großes Problem. Diese zeigen in den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber oft eine solche Selbstsicherheit durch die anstehende Abfindung, sodass in manchen Fällen der Arbeitgeber mit der Rücknahme der Kündigung reagiert.

Dem Arbeitnehmer bleibt in solchen Fällen oft nichts anderes übrig, als die Rücknahme zu akzeptieren und zu seinem Arbeitsplatz zurückzukehren.

In welchen Fällen müssen Arbeitnehmer mit einer Rücknahme der Kündigung rechnen?

Es ist für den Arbeitnehmer daher von großer Bedeutung,ob der Arbeitgeber glaubwürdig die Rücknahme der Kündigung androhen kann. Ist dies nicht der Fall, so verliert der Arbeitgeber ein gewichtiges Argument in den Verhandlungen. Für die Rücknahme einer Kündigung kann es dabei folgende Gründe geben:

  • Der Arbeitgeber trennt sich aus finanziellen Gründen vom Arbeitnehmer, sodass das Vertrauensverhältnis intakt bleibt
  • Der Arbeitnehmer ist bereits länger erkrankt und bezieht Krankengeld. Der Arbeitgeber trennt sich daher aus krankheitsbedingten Gründen.
  • Der Arbeitgeber trennt sich vom Arbeitnehmer, bietet ihm aber an, im Falle der Rückkehr genauer als bisher auf Leistung und Verhalten zu achten. 

Eine Rücknahme der Kündigung ist dabei unwahrscheinlich wenn:

 

  • Der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt hat und die Kündigung bereits im Betrieb bekannt gemacht hat. Dies würde zu einem Gesichtsverlust des Arbeitgebers führen.
  • Der Arbeitgeber eine Führungskraft gekündigt hat und seine Position bereits mit einem Nachfolger besetzt hat.
  • Der Arbeitgeber aus verhaltensbedingten Gründen ein Mitglied des Betriebsrats außerordentlich kündigt und bereits freigestellt hat. Denn auch hier hätte dies eine fatale Außenwirkung, da es nach einem Machkampf mit dem Betriebsrat aussehen würde.

Grundlegend kann daher gesagt werden, dass Abfindung im Arbeitsrecht immer höher zu berechnen sind, je höher die Hürden für eine Rücknahme der Kündigung sind.

Wie stark wirkt sich der Kündigungsschutz auf die Höhe der Abfindung aus?

Für eine erfolgreiche Kündigung des Arbeitnehmers sind die jeweiligen Hürden für diese von großer Bedeutung. Dies heißt im konkreten Fall, dass die Wahrscheinlichkeit einer wirksamen Kündigung umso höher ist, je weniger Hürden der Arbeitgeber bei der Kündigung überwinden muss.

Hürden sind dabei beispielweise der Sonderkündigungsschutz, der bestimmte Arbeitnehmergruppen wie Schwerbehinderte, schwangere Arbeitnehmerinnen oder Betriebsräte vor einer Kündigung schützt. Kündigt der Arbeitgeber nun einen solchen Arbeitnehmer, ist die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage vom Arbeitnehmer sehr hoch.

Daher sollten insbesondere solchen Gruppen auf eine höhere Abfindung pochen, die ihrer Rolle gerecht werden. Die Chancen auf eine hohe Abfindung sind dabei jedoch auch anders herum wesentlich geringer, wenn beispielsweise offensichtlich ist, dass der Arbeitnehmer nicht unter das Kündigungsschutzgesetz fällt!

In welchen Fällen ist eine vergangenheitsbezogene Abfindungsberechnung überhaupt sinnvoll?

Die Faustregel von 0,5 bis 1,0 Gehältern pro Beschäftigungsjahr passt dabei in vielen Fällen nicht. In folgenden Fällen jedoch ist eine Anwendung jedoch sinnvoll:

  • Bei Arbeitsverhältnissen von fünf bis 20 Jahren.
  • Wenn der Arbeitnehmer weder langfristig krank war, noch kurz nach seiner Kündigung einen neuen Job findet.
  • Wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber kurz nach dem Aussprechen der Kündigung über eine Abfindung verhandeln.
  • Bei konkreten Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung gibt.
  • Wenn der Arbeitgeber lange Betriebszugehörigkeit honorieren möchte.

Die Regelabfindung pendelt dabei zwischen 0,5 und 1,0 Gehälter pro Beschäftigungsjahr. So hat sich dementsprechend auch der Gesetzgeber an dieser Regel orientiert, indem er im §1a II KSchG die Abfindung auf 0,5 Gehälter pro Beschäftigungsjahr taxiert.

Insbesondere bei finanzstarken Unternehmen oder auch bei kurzer Beschäftigungsdauer kann jedoch auch von einer Abfindung von 1,0 Gehälter pro Beschäftigungsjahr ausgegangen werden.

Vereinzelt wird in einigen Gerichtsbezirken jedoch auch nur 0,25 Gehälter pro Beschäftigungsjahr als Abfindung in die Rechnung mit aufgenommen, da dort die lokal geltende Regelabfindung niedriger sind als in anderen Bezirken. Auch bei wenig finanzstarken Unternehmen sehen es viele Richter als angemessen an, die Abfindung nur mit 0,25 Gehältern pro Beschäftigungsjahr zu bemessen.

Was bedeutet "Monatsgehalt", wenn die Berechnung der Abfindung gemäß Arbeitsrecht erfolgen soll?

Für die Berechnung der Abfindung ist dabei das Monatsgehalt von Bedeutung. Dabei wird jedoch stets nur das Bruttogehalt genutzt, um die Abfindung zu errechnen.

Allerdings ist noch nicht klar, ob regelmäßige Überstunden oder auch Zuschläge mit in das Monatsgehalt einberechnet werden. Um die Abfindung im Arbeitsrecht berechnen zu können, ist eine sinnvolle Rechnung schlicht das Jahresgehalt durch zwölf zu teilen und so den jeweiligen Monatsverdienst zu errechnen.

Wie es letztlich jedoch berechnet wird, ist dabei Verhandlungssache, sodass es dort weder richtig noch falsch gibt.

Was passiert in Fällen von Auflösungsanträgen seitens des Arbeitgebers?

Der Arbeitgeber kann dabei den Antrag vor Gericht stellen, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Dies ist gemäß §9 I 2 KSchG möglich, sofern eine Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht mehr als zumutbar erscheint.

Die Auflösungsgründe  werden dabei jedoch von den Gerichten nur in den seltensten Fällen akzeptiert, sodass die Anträge meist wenig erfolgsversprechend sind.

Ausnahmefälle sind dabei leitende Angestellte, bei denen es keiner besonderen  Auflösungsgründe bedarf.

Der Arbeitgeber hat somit bei leitenden Angestellten eine weitere Handlungsoption, um auf die Kündigungsschutzklage zu reagieren.

So kann er dementsprechend versuchen, das Gericht von der Rechtmäßigkeit der Kündigung zu überzeugen. Stellt also der Arbeitgeber einen Auflösungsantrag, so kann der Arbeitnehmer zwar gegen die ordentliche Kündigung vorgehen, jedoch nicht gegen den Willen des Arbeitgebers die Klage durchsetzen.

Dies führt dazu, dass die Höhe der Abfindung bei leitenden Angestellten begrenzt ist.

Die Berechnung der Abfindung berechnet sich gemäß Arbeitsrecht und §10 I, II 1 KSchG mit einer Höchstgrenze wie folgt:

  • Im Regelfall zwölf Monatsverdienste.
  • Wenn der Arbeitnehmer 50 Jahre oder älter ist und das Arbeitsverhältnis mindestens 15 Jahre bestanden hat, 15 Monatsverdienste.
  • Wenn der Arbeitnehmer 55 Jahre oder älter ist und das Arbeitsverhältnis mindestens 20 Jahre bestanden hat, 15 Monatsverdienste.

Dabei handelt es sich jedoch um Höchstgrenzen, sodass Gerichte meist auf eine geringere Abfindung entscheiden. Wichtig ist daher, dass im Idealfall mit juristischer Hilfe geklärt wird, ob es sich bei dem jeweiligen Angestellten überhaupt um eine Führungskraft im Sinne des §14 II KSchG handelt.

Wie stehen die Chancen auf eine Abfindung nach einer fristlosen Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen?

Das Aussprechen einer fristlosen Kündigung ist dabei für eine Abfindung schon wesentlich problematischer. Denn der Arbeitnehmer kann dabei in der Regel froh sein, wenn der Arbeitgeber ihm überhaupt ein Abfindungsangebot macht. Dementsprechend muss er sich normalerweise mit wesentlich geringeren Summen auseinandersetzen.

Verliert der Arbeitgeber dabei jedoch den Kündigungsschutzprozess, erleidet er ähnlich wie bei der Rücknahme einer Kündigung einen Gesichtsverlust.

Zudem befindet sich der Arbeitgeber durch die fristlose Kündigung im Annahmeverzug  gemäß §615 BGB.

Daher ist es oft so, dass sich die Parteien letztendlich vor Gericht meist auf eine fristgemäße Beendigung des Arbeitsverhältnisses einigen. Ob der Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet ist, hängt davon ab, ob an den Gründen für die fristlose Kündigung etwas dran ist.

Decker & Böse zählt bundesweit zu den führenden Sozietäten für Verbraucher und Arbeitnehmer. In über 10.000 Fällen haben wir dabei erfolgreich die Recht unserer Mandanten durchsetzen können.

Dabei sind wir auf die Kündigung des Arbeitsvertrags und die dadurch  entstehende Abfindung spezialisiert! Vertrauen Sie dabei auf unsere jahrelange Erfahrung und unsere fachliche Kompetenz!

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