VW Abgasskandal — Urteil: Fahrzeuge aus 2005-2020 mit Thermofenster manipuliert
- LG Köln bestätigt als erstes deutsches Gericht die EuGH-Wertung von Thermofenstern als illegale Abschalteinrichtung
- Euro 4 – Euro 6 betroffen
- VW gibt systematischen Einbau von Thermofenstern in Dieselfahrzeugen zu

Der VW-Abgasskandal hat offenbar noch eine viel größere Dimension als bislang bekannt. So konnte die Verbraucherkanzlei Decker & Böse vor dem Kölner Landgericht erstmals eine Schadensersatzforderung durchsetzen, die weder den EA189-Motor oder dessen Nachfolgemodell EA288 betrifft, sondern den V-TDI-Motor der Euro Klasse 4. Das Landgericht verurteilte VW dabei zur Rückerstattung des Kaufpreises eines im Juli 2013 erworbenen VW Touareg mit diesem Motor abzüglich Nutzungskosten.
Im Zuge des Verfahrens hatte sich herausgestellt, dass V-TDI-Motoren der Euro Klasse 4 genau wie der berüchtigte EA-189-Motor offenbar ebenfalls ein Thermofenster enthalten – eine Motorsteuerung, die je nach Außentemperatur die Abgasreinigung herunterfährt oder aussetzt und die der EuGH in seinem Urteil vom 17. Dezember 2020 deshalb als illegale Abschalteinrichtung einstuft hat.
Weitere Informationen über das EuGH-Urteil zum Thermofenster gibt es im Video mit Rechtsanwalt und Abgasskandal-Experte Ulf Böse:„Das Urteil ist eine echte Sensation, weil das LG Köln hier als erstes deutsches Gericht die EuGH-Einstufung von Thermofenstern als illegale Abschalteinrichtung bestätigt“, erklärt Ulf Böse, Rechtsanwalt und geschäftsführender Namenspartner bei Decker & Böse. „Wirklich unglaublich ist aber – wie der Urteilsbegründung zu entnehmen ist –, dass VW selbst zugibt, dass Thermofenster offenbar in sämtlichen in den letzten Jahren in der EU produzierten Dieselfahrzeugen enthalten sind. Das ist nicht weniger als ein Offenbarungseid, dass der Autobauer Verbraucher nicht nur bewusst, sondern auch systematisch zu ihrem Nachteil getäuscht hat“.
Wenn man sich die Diesel-Zulassungen aus den Jahren 2005 bis 2020 ansieht, dürfte die zusätzliche Anzahl betroffener VW-Fahrzeuge über 10 Millionen betragen. Bei einem Schadensersatz von etwa 5.000 EUR pro Fahrzeug kämen auf VW somit über 50 Mrd. EUR an Schadensersatzforderungen zu. „Das klingt erstmal bedrohlich für VW, ein Blick in die Bilanzen des Konzerns zeigt jedoch, dass diese Summe angesichts von über 250 Mrd. Jahresumsatz, über 15 Mrd. Jahresgewinn und über 120 Mrd. Eigenkapital den VW-Konzern nicht aus der Ruhe bringen dürfte, jedoch zahlreiche betrogene Kläger entschädigen kann“, sagt Ulf Böse.
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VW ohne plausible Erklärung für Manipulation
In seiner Urteilsbegründung erklärte das Gericht demnach, dass sich die vorliegenden Manipulationsvorwürfe, anders als von VW behauptet, nicht von denen im Fall des Motors EA189 unterscheiden würden. Vielmehr sei auch beim V-TDI-Motor der Euro Klasse 4 von einer sittenwidrigen Täuschung zulasten der Verbraucher auszugehen, zumal VW einen Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) mit einer angeblich anderen Einschätzung unter Berufung auf technische Geheimhaltungsinteressen trotz Aufforderung nicht vorlegen wollte. Das Argument von VW, der
betroffene Motor sei nicht von einer vom KBA angeordneten Rückrufaktion betroffen gewesen, wies das Gericht zudem als unerheblich zurück. VW könne das KBA nämlich auch über einen freiwillig veranlassten Rückruf informieren, sodass ein überwachter oder angeordneter Rückruf durch das KBA unterbleibt.
„Dieses Urteil zeugt wie auch viele andere zuvor davon, dass VW offensichtlich keine plausible Erklärung für die Manipulation an seinen Motoren hat. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Auffassung von Thermofenstern als illegale Abschalteinrichtung in der Rechtsprechung immer mehr durchsetzen wird“, sagt Ulf Böse.
Klagen gegen VW weiterhin aussichtsreich
Ulf Böse rät allen geschädigten VW-Fahrzeughaltern daher sich juristisch zu wehren und sich dabei nicht vom Verjährungsurteil des BGH vom 14. Dezember 2021 verunsichern zu lassen. Zwar hätten diesem Urteil zufolge zumindest PKW-Besitzer eines manipulierten VW-Diesels mit EA189-Motor
keinen Schadensersatzanspruch, sofern sie erst im Jahr 2019 oder später juristisch gegen VW vorgegangen sind. Für alle Fahrzeughalter eines Diesels mit anderen Motoren sei das Urteil jedoch ebenso wenig relevant wie für Autobesitzer, die sich nachträglich ein Diesel Software-Update haben aufspielen lassen. Zudem hätten Verbraucher weiterhin die Möglichkeit den sogenannten deliktischen Schadensersatzanspruch nach §852 BGB geltend zu machen. Hier tritt eine Verjährung erst zehn Jahre ab Kauf des Fahrzeugs ein.
„Wir von Decker & Böse appellieren an alle geschädigten VW-Fahrzeughalter, ihren Schadensersatzanspruch von einem auf den Abgasskandal spezialisierten Anwalt prüfen zu lassen. In den allermeisten Fällen bestehen weiterhin gute Möglichkeiten, sich gegen den VW-Betrug zu wehren“, sagt Ulf Böse.
Das Urteil finden Sie hier.
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